Eine bislang unbekannte funktionale Verknüpfung zwischen Amyloid-β und (p-)Tau, Proteine die beide eine große Rolle in der Entwicklung der Alzheimer-Krankheit spielen, hat ein Team um Ising, Heneka et al. (2019) im Fachjournal Nature aufgezeigt.

Tau-Proteine sind im gesunden Zustand Stabilisatoren für das Gerüst von Nervenzellen. In der Entwicklung der Alzheimer-Krankheit lösen sich diese Proteine vom Gerüst ab und verklumpen in den Nervenzellen, sodass sie ihrer eigentlichen Funktion der Stabilisation nicht mehr nachkommen können.

Ising et al. (2019) berichten, einen „molekularen Schalter“ entdeckt zu haben, der mehr Informationen über den Zeitpunkt gibt, zu dem die Tau-Proteine beginnen, sich zu verändern (phosphorylieren) und sich dadurch vom Gerüst abzulösen und miteinander zu verklumpen. Dies geschieht, wenn der molekulare Schalter (bestehend aus dem Proteinkomplex NLRP3 Inflammasom, den es innerhalb von Immunzellen des Gehirns gibt) die Freisetzung von entzündungsfördernden Substanzen veranlasst und die Hyperphosphorylierung von Tau-Proteinen bewirkt. Die Hyperphosphorylierung führt dann zur Ablösung von Tau-Proteinen vom Nervengerüst und zu ihrer Verklumpung (neurofibrillary tangles).

In der Studie wurde außerdem gezeigt, dass Amyloid-β, welches sich über Jahre und lange vor einer Diagnose der Alzheimer-Krankheit zwischen den Nervenzellen ablagert, den molekularen Schalter (NLRP3 Inflammasom) aktiviert, was weitere Amyloid-β Ablagerungen fördert und zur Verklumpung von Tau führt. Dies ist ein neuer Beweis für das zurzeit gängigste Modell „Amyloid-Kaskaden-Hypothese“ zur Entwicklung der Alzheimer-Krankheit.

Für das IASON-Projekt ist diese Veröffentlichung relevant, da sie Informationen über die zeitliche Entwicklung von Alzheimer liefert. Ziel wäre es daher, den „Schaltzeitpunkt“ durch eine frühe Diagnose mittels EEG festzustellen, um dann intervenieren zu können.

 

Aktualisierung: Tau-Deposition auch ohne vorheriges Amyloid-β

Von Kant & Ossenkoppele wurde gezeigt, dass für die Entwicklung einer manifesten Alzheimer-Demenz nicht nur die bei genetischer Disposition vorherrschende deterministische Abfolge einer Amyloid-β-Anreicherung mit darauf folgender Bildung von p-Tau gilt, sondern auch von Amyloid-β unabhängige Entwicklungswege der AD-Progression mit p-Tau-Anreicherung als Ursache gelten können. Hinweis auf die unterschiedlichen Wege der p-Tau-Progression bei AD, von denen Ossenkoppele schreibt. Der renommierte Forscher H. Braak hat bereits 2011 festgestellt, dass auch bei jungen Menschen eine Tau-Deposition ohne vorherige Amyloid-β- Agglomeration stattfinden kann, siehe (Braak, 2011):

„In this sample under the age of 30, 41/42 cases did not have amyloid-b plaques or neuritic plaques (Table 1). The absence of amyloid-b deposition in these individuals is not compatible with the amyloid cascade hypothesis, which assumes that amyloid-b drives AD pathogenesis and secondarily induces intraneuronal tau changes “downstream”“

Hier sei auch noch auf die Aktualisierung des nachfolgenden Punktes „Die Rolle von Schlaf & EEG“ hingewiesen, wo gezeigt wird, dass bereits eine Nacht mit Schlafentzug egal in welchem Alter zur Erhöhung des total-Tau-Levels im Blut führt.

Quellenangabe:

  1. Ising, C., Venegas, C., Zhang, S., Scheiblich, H., Schmidt, S. V., … & Heneka, M. T. (2019). NLRP3 inflammasome activation drives tau pathology. Nature 575, 669–673. https://doi.org/10.1038/s41586-019-1769-z
  2. Kant, R.v.d., Goldstein, R. S. B., Ossenkoppele, R. (2020). Amyloid-β-independent regulators of tau pathology in Alzheimer disease. Nature reviews, Neuroscience, Vol. 21. https://www.nature.com/articles/s41583-019-0240-3
  3. Braak, H., Tredici, K. d., (2011). The pathological process underlying Alzheimer’s disease in individuals under thirty. Acta Neuropathol (2011) 121:171–181. https://doi.org/10.1007/s00401-010-0789-4