Schlaf spielt eine wichtige Rolle für die Konsolidierung von Erinnerungen und für die Beseitigung von Amyloid-β Ablagerungen über das sogenannte glymphathische System (GLS, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Glymphatisches_System). Es wurde nun von Fultz et al. (2019) gezeigt, dass neuronale Oszillationen, die man mit dem EEG messen kann, Fluktuationen im Blutfluss verursachen, die auch das Gehirnwasser in Bewegung versetzen. Die resultierenden fluktuierenden Bewegungen des Gehirnwassers sind Teil des glymphathischen Systems und säubern das Gehirn im Schlaf von Ablagerungen (z. B. Amyloid-β). Somit konnte eine Verbindung zwischen EEG-Oszillationen im Schlaf und der Aktivität des glymphathischen System gezeigt werden.

Winer et al. (2019) und Lucey et al. (2019) zeigten außerdem, dass bestimmte Eigenschaften von EEG-Oszillationen im Tiefschlaf mit gängigen Alzheimer-Biomarkern korrelierten (weniger langsame Oszillationen im Tiefschlaf sind mit Amyloid-β korreliert, während ein schwaches „Coupling“ zwischen langsamen Oszillationen und sogenannten Schlafspindeln mit Tau-Proteinen korreliert ist, siehe Holth & Fritschi et al. (2019), und dass das Schlaf-EEG somit selbst als Biomarker in der Alzheimer-Krankheit verwendet werden könnte.

Das bedeutet, dass bestimmte Veränderungen im Schlaf-EEG (vor allem im Tiefschlaf) Veränderungen in der Funktion des glymphathischen Systems aufzeigen können. Bei der Beeinträchtigung des GLS findet eine vermehrte Ablagerung von Amyloid-β statt, was langfristig zur Alzheimer-Erkrankung führen kann. Andererseits können Ablagerungen von Amyloid-β und Tau auch zu Schlafproblemen führen, wodurch ein Teufelskreis entsteht, in dem sich schlechterer Schlaf und Ablagerungen von Amyloid-β und Tau gegenseitig negativ beeinflussen und eine Entwicklung von Alzheimer begünstigen.

Diese Erkenntnisse könnten aber auch neue Behandlungsmöglichkeiten hervorbringen. Die Teams um Rasch und Born al., siehe Muehlroth & Rasch et al. (2019) und Ngo & Born et al. (2019) zeigten eine verbesserte Konsolidierung von Erinnerungen durch gezielte Beeinflussung der Probanden in unterschiedlichen Schlafphasen (durch Cueing mit Gerüchen z. B.) und konnten eine Balance von Schlafspindeln und „Slow-wave-oscillations“ (SWO) aufzeigen.

Für das IASON-Projekt eröffnen sich durch diese Forschungen ungeahnte Möglichkeiten. Großes Interesse besteht nun auch am Schlaf-EEG zur frühen Diagnose von Alzheimer. Hierfür soll gegebenenfalls ein weiterer Forschungsantrag eingereicht werden, da EEG-Schlafmessungen die Mittel des IASON-Projekts zeitlich und finanziell überschreiten würden.

Aktualisierung: Die obigen Ausführungen von Kant & Ossenkoppele unterstützend wurde in einer aktuellen schwedischen Studie (Ärzteblatt, 2020) gezeigt, dass bereits eine schlaflose Nacht bei Jugendlichen eine signifikante Erhöhung des total-Tau-Levels im Blut nach sich zieht, siehe (Benedict, 2020). Die Konsequenzen hieraus für die Gestaltung des Lifestyles, aber auch für schlaf-(zer)störende Krankheiten wie Schlaf-Apnoe und Depression müssen in kommenden Studien noch geklärt werden. Die Resultate der Studie geben aber bereits vielleicht jetzt schon einen Hinweis auf die unterschiedlichen Wege der p-Tau-Progression bei AD, von denen Ossenkoppele schreibt.

Quellenangaben:

  1. Fultz, N. E., Bonmassar, G., Setsompop, K., Stickgold, R. A., Rosen, B. R., Polimeni, J. R., & Lewis, L. D. (2019). Coupled electrophysiological, hemodynamic, and cerebrospinal fluid oscillations in human sleep. Science, 366(6465), 628–631. https://doi.org/10.1126/science.aax5440
  2. Winer, J. R., Mander, B. A., Helfrich, R. F., Maass, A., Harrison, T. M., Baker, S. L., Knight, R. T., Jagust, W. J., & Walker, M. P. (2019). Sleep as a potential biomarker of tau and β-amyloid burden in the human brain. The Journal of Neuroscience, 39(32), 6315–6324. https://doi.org/10.1523/JNEUROSCI.0503-19.2019
  3. Holth J. K., Fritschi S.K., Wang C., Pedersen N.P., Cirrito J.R., Mahan Th. E., Finn M.B., Manis M., Geerling J.C., Fuller P.M., Lucey B.P., Holtzman D.M. (2019). The sleep-wake cycle regulates brain interstitial fluid tau in mice and CSF tau in humans. Science 363 (6429), 880-884. DOI: 10.1126/science.aav2546 originally published online January 24, 2019. https://science.sciencemag.org/content/363/6429/880
  4. Muehlroth B.E., Sander M.C., Fandakova Y., Grandy Th. H., Rasch B., Shing Y.-L., Werkle-Bergner M. (2019). Precise slow oscillation–spindle Coupling promotes Memory Consolidation in Younger and older Adults. Scientific Reports (2019) 9:1940. https://doi.org/10.1038/s41598-018-36557-z. www.nature.com/scientificreports
  5. Ngo H.-V. V., Born J. (2019). Sleep and the Balance between Memory and Forgetting. Cell 179, October 3, 2019. Elsevier Inc. p. 289-291. https://doi.org/10.1016/j.cell.2019.09.007 
  6. Lucey, B., McCullough, A., Landsness, E. C., Toedebusch, C. D., McLeland, J. S., … Holtzman, D. M. (2019). Reduced non-rapid eye movement sleep is associated with tau pathology in early Alzheimer’s disease.Science Translational Medicine, 11(474), doi: https://doi.org/10.1126/scitranslmed.aau6550
  7. Benedict, C., Blennow, K., Zetterberg, H., Cedernaes, J. (2020). Effects of acute sleep loss on diurnal plasma dynamics of CNS health biomarkers in young men. Neurology, https://n.neurology.org/content/94/11/e1181